Recycling ohne Gefahrstoffe kann knappe Ressourcen ersetzen


Abbruch- und Rückbaumaßnahmen im Gebäudebestand bergen einen großen Schatz der mineralischen Stoffströme Kies, Sand und Zement. Natürlich vorkommende Ressourcen an Fest- und Lockergestein sind im Regelfall in Deutschland vorhanden, deren Abgrabungen stehen jedoch in vielfältigen Nutzungskonflikten. Mit dem aktuellen Bauboom sind bereits gesicherte Versorgungszeiträume bedroht und ein Umdenken ist notwendig um eine Alternative zu den natürlichen Vorkommen zu schaffen und den Flächenbedarf zu reduzieren.

Nur die qualifizierte Beschreibung anfallender Stör- und Gefahrstoffe in den Ausschreibungen von Bau- und Entsorgungsleistungen wird uns die Qualität der Sekundärquellen an mineralischen Rohstoffen erhalten.
Der Gesetzgeber hat auf diese Problematik bereits reagiert und in einem ersten Schritt die Verordnungsermächtigung des Chemikaliengesetzes in 2017 erweitert. Diese enthält nun eine Regelung zu Informations- und Mitwirkungspflichten des Auftraggebers von Tätigkeiten an Bauwerken oder Erzeugnissen über darin vorhandene Gefahrstoffe. (§19 Abs. 3, Nr 16).
Der Stand der Technik ändert sich rapide, die VDI 3876E „Messen von Asbest in Bau- und Abbruchabfällen und daraus gewonnenen Recyclingmaterialien – Probenahme und Analyse“ regelt die Aufbereitung zur Bestimmung geringster Mengen von Asbest im Bauschutt. Die gerade final bearbeitete VDI-Richtlinie 6202 – Blatt 3 „Schadstoffbelastete bauliche und technischen Anlagen – Asbest“ wird speziell die Erkundung und Bewertung von Asbest in baulichen Anlagen regeln.
Es zeichnet sich bereits ab, dass zukünftig mehr kontrolliert werden kann und entsprechend vorab mehr überprüft werden muss. Das wird gravierende Auswirkungen haben auf den in diesem Zusammenhang immer wichtiger werdenden Baubestand. Mit geeigneten Festlegungen zur Ermittlung von Gefahrstoffbelastungen im Vorfeld von Baumaßnahmen können Störstoffe ermittelt und wirtschaftlicher gezielt aus dem Wirtschaftskreislauf ausgeschleust werden in dem sie erst gar nicht in das Recycling gelangen. Diese Botschaft geht an die Planer und Bauherren. Finanzielle Sicherheit wird nur noch über die Beachtung der vollständigen Kreislauffähigkeit erreicht werden können.

1 Urban Mining als Alternative zum Flächenverbauch


Knapper werdende Ressourcen und eine erhöhte Nachfrage nach selbigen durch unseren Lebensstandard sollten zum Umdenken anregen. So wurde in Deutschland u.a. mit dem Anfang 2012 beschlossenen Deutschen Ressourceneffizienzprogramm „ProgRess“ ein weiterer Schritt zur Umsetzung der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahre 2002 getätigt und das grundlegende Ziel bekräftigt, den Ressourcenverbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln und die Rohstoffproduktivität bis 2020 zu verdoppeln. Die Bundesregierung berichtet alle vier Jahre über die Entwicklung der Ressourceneffizienz. Mit ProgRess II liegt bereits der erste Fortschrittsbericht vor. [1]
Deutschland verfügt über ausreichende Vorkommen an mineralischen Rohstoffen und ist daher, insbesondere bei Baurohstoffen zur Bedarfsdeckung, nicht auf Importe angewiesen. Aber durch den Abbau dieser Rohstoffe greifen wir massiv in die Umwelt ein und verändern unsere Ökosysteme nachhaltig. Um Abbau- und Produktionsflächen zu gewinnen, werden Flächen umgewandelt und teilweise ganze Ökosysteme zerstört. Grafisch dargestellt ist die Flächennutzung in Deutschland wie folgt verteilt:

Das für die Gewinnung von Rohstoffen notwendige Abbauland ist als „sonstige Fläche“ in der Grafik gekennzeichnet und nimmt mit lediglich 3,2 % nur einen geringen Teil der Flächennutzung in Deutschland ein. Dieser ist jedoch mit einem massiven Eingriff in die Umwelt verbunden und er konkurriert mit anderen Nutzungen. Interessenskonflikte zwischen Abbauunternehmen, Landschafts-, Natur- und Gewässerschutz sind vorprogrammiert. Einen weiteren nicht außer Acht zu lassenden Anteil an der Flächennutzung in Deutschland nehmen Siedlungs- und Verkehrsflächen mit 13,8% ein. Mit dem aktuellen Bauboom und der Nutzung weiterer Flächen in urbanen Randzonen wird der Flächenverbrauch zukünftig weiter ansteigen.
Um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den konkurrierenden Interessen und Flächenansprüchen zu erlangen, bedarf es einen Konsens zwischen allen Beteiligten sowie eines Konzeptes zur umweltschonenden Rohstoffgewinnung und zum schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen und deren Sekundärnutzung. Das Urban Mining ist ein Denkmodell für die systematische Erfassung und Rückgewinnung von Rohstoffen, die in Gebäuden, in Infrastruktur und in Produkten lagern.

Im Gebäudebestand sind ca. 50 Milliarden Tonnen mineralische Baustoffe und weitere Rohstoffe gebunden.

Erste Schätzungen zum Bestand an Wohngebäuden haben ergeben, dass ca. 10,5 Milliarden Tonnen mineralische Baustoffe, ca. 220 Millionen Tonnen Holz und ca. 100 Millionen Tonnen Metalle verbaut wurden. [3] Ein Potential, welches genutzt werden kann und sollte. Der Lebenszyklus vorhandener Infrastrukturen kann durch eine intelligente Instandhaltung, einen selektiven Rückbau und die Wiederverwendung der dabei zurückgewonnenen Sekundärressourcen verlängert werden und damit einhergehend den Verbrauch an Primärmaterial und Fläche reduzieren.
Jährlich fallen im Hochbau rd. 55 Mio. Tonnen mineralische Abbruchabfälle an, die zu rd. 94 einer Verwertung oder einem Recycling zugeführt werden. Diese decken jedoch nur gut 12% des Bedarfs an jährlich rd. 550 Mio. Tonnen Gesteinskörnungen. Dabei ist zu beachten, dass klassische Massivbauweisen (Klinker, Ziegel usw.) ab den 1960er/1970er Jahren teilweise durch den Einsatz von Verbundmaterialien ersetzt wurden. Beim Leichtbau wurden neben, Porenbeton, Sandwich-Platten, Beschichtungen und nicht abtrennbaren Dämmstoffen etc. auch Materialien verbaut, welche aus heutiger Sicht als Schadstoffe gelten. Diese müssen vor dem Recycling aus dem Stoffstrom abgetrennt werden.